Wie ich mich mit dem Porsche-Virus angesteckt habe…
Im Grunde genommen bin ich ohne jegliches Zutun in diese Sache reingeschliddert…
Eine minder-schwere Midlife-Crisis (mit der 4. Null vor Augen) führte dazu, dass ich mir Gedanken machte über mich und meinen bisherigen Lebensweg, zu dem Weg der noch vor mir liegen möge und ob alles in meinem Leben bisher so war, wie ich es mir wünschen würde.
Vordergründig war ich zufrieden, ja sogar glücklich. Ich muss schon zugeben, dass ein Stöhnen auf ziemlich hohem Niveau erfolgen würde. Denn so gesehen war und bin ich beruflich erfolgreich und absolut zufrieden und voll erfüllt von dem, was ich tagtäglich beruflich auf die Beine stelle. Der Job ist anspruchsvoll und fordert mich in Gänze. Da ist ein Ausgleich für die Freizeit sehr wichtig.
Und privat dachte ich auch, dass alles in Ordnung ist. Ich führte eine Ehe, die ich als ok einstufte.
Ich habe einen absolut tollen Sohn, der mir so viel Glück, Zufriedenheit, Lebensfreude und Stärke zurückgibt und mein Leben absolut bereichert – ihm sozusagen den eigentlichen Sinn gibt.
Durch meinen Sohn habe ich begonnen mein Leben wieder bewusster wahrzunehmen. Das Entstehen eines neuen Menschen konnte ich hautnah miterleben und empfand es als faszinierend, was in der Zeit alles in steter Abfolge abläuft und funktionieren muss, bis ein gesundes Kind zur Welt kommt.
Ich betrachtete wieder die Bäume (etwas was ich vorher kaum wahrgenommen habe), die im Frühjahr langsam begannen hellgrün zu sprießen, sich im Herbst wieder verfärbten und irgendwann die Blätter abwarfen um danach im nächsten Frühjahr wieder erneut auszuschlagen.
Ich bewunderte Vögel, die mit einer Leichtigkeit ihren Weg durch die Luft zogen, sich auf den nächsten Baum setzten und wenn es ihnen in den Sinn kam einfach weiterflogen – bis zum nächsten Ast – fröhlich zwitschernd und niemals allein. Das ist alles so friedlich und entspannt.
Ich machte mir Gedanken über die Kräfte, die das alles irgendwie steuern und zusammenhalten und las auch viele Bücher zu dem Thema.
Was ich in diesem Zusammenhang ausmachte, was fehlt war das Ausbrechen aus der Norm. Ich wollte nicht langweilig und spießig bis an mein Lebensende (wann das auch immer sein mag) vor mich hin leben. Ich wollte nochmal etwas ändern und etwas unvernünftiges tun.
Und was liegt da nicht näher als mit dem Auto anzufangen…
Einfach ein Auto zum Spaß haben und ich wollte mich nicht von neidischen Blicken und Getuschel abschrecken lassen, mir genau das Auto zu kaufen dass ich schön finde.
Darum fing ich an, mich nach Spaßautos umzuschauen. Zunächst in der BMW-Ecke mit dem Z1, der mich durch die absenkbaren Türen magisch anzog (und das auch heute immernoch tut). Aber dann kam ich durch die Tatsache, dass der Z1 lediglich ein Zweisitzer ist und ich somit nicht zu Dritt fahren kann, kam ich dazu auch mal in andere Richtungen zu schauen und landete schnell bei Porsche. Allerdings waren Boxster und Cayman aus gleichem Grund von Anfang an ebenfalls aus dem Rennen. Was blieb war der 911.
Zunächst schaute ich (zu meinem Budget passend) nach 996ern, landete dann aber schnell nach Foreneinträgen und Negativ-Bemerkungen zu den „Spiegeleieraugen“ beim 997. Damit es preislich im Rahmen blieb kam mein erster Porsche aus Italien -da gibt es ja gehörige Abschläge im Preis. Was ich bis heute nicht nachvollziehen kann, denn qualitativ war der Italien-Porsche nicht anders als das Cabrio aus dem Porschezentrum.
Mein erster Porsche, der Erstelfer war ein tolles Auto. Wenn ich einstieg, Schlüssel in der linken Hand und dann am Zündschlüssel drehte passierte es… dieses Erwachen des Boxermotors mit diesem faszinierenden Sound, der von hinten zu hören und dessen Vibrationen im Nacken zu spüren waren… einfach genial. Jedesmal Gänsehaut-Feeling pur!!! Bis heute hat sich das nicht geändert…
Spätestens von da an war es um mich geschehen.
Der Heckmotor mit seinen ganz spezifischen Eigenschaften, dann diese wahnsinnige Beschleunigung und das bei jeder Geschwindigkeit, gepaart mit einem Fahrverhalten wie auf Schienen. Das ist S P A S S pur!!!
Das gibt es in dem Gesamtpaket mit dem Mythos Porsche, dem superleichten Handling, der 50-jährigen Historie, von kaum einem anderen Hersteller (die Kollegen aus Maranello und Co. ignoriere ich jetzt mal).
Was mich so fasziniert ist auch, dass die Grundeigenschaften eines Urelfers auch heute noch in den aktuelleren Modellen zu spüren sind. Gerade wenn ich aus der Ölklappe oder dem Zwölfer aussteige und mit dem Targa oder dem 997 weiterfahre, fallen mir Ähnlichkeiten auf, die verblüffen weil sie über 50 Jahre erhalten geblieben sind.
Das alles in Kombination mit Kindheitserinnerungen und meinem ersten Porsche als Spielzeugauto macht für mich die Faszination Porsche aus.
Damit spielt heute mein Sohn:
Je mehr ich mich mit dem Thema Porsche beschäftigte – und das tat ich ziemlich intensiv, umso mehr reifte in mir der Gedanke einen älteren Porsche anzuschaffen.
Zu dem Zeitpunkt war meine Ehe schon auf der Kippe (was ich da noch nicht wusste – aber rückblickend innerlich schon gespürt habe). Meine Frau offenbarte mir dann auch kurze Zeit später, dass sie lieber mit ihrem Chef den Rest ihres Lebens verbringen wolle, anstatt mit mir.
Damit war das Kapitel Ehe und Frau für mich erstmal abgeschlossen (ziemlich verkürzte Darstellung – der Verarbeitungsprozess dauerte naturgemäß etwas länger).
Um diesen Schock zu verarbeiten, hatte ich mich (wie der Zufall es will) genau an diesem Wochenende zu einem Sportfahrertraining mit dem Porsche angemeldet. Auf dem abgesperrten Rollfeld eines Flugplatzes konnte ich es richtig krachen lassen und mich und den Wagen an die Grenzen dessen bringen, was in uns steckte. Wobei der Wagen (beruhigenderweise) vermutlich noch eine Menge Luft nach oben hatte…
Das machte tierisch viel Spaß und ließ mich die Trennung von meiner Frau für einen Moment vergessen.
Porsche als Therapie…!!! Das funktioniert!
Ich zog aus dem Haus aus und sorgte dafür, dass ich keine weiteren finanziellen Verpflichtungen zu dem ehemals gemeinsamen Haus zu leisten hatte.
Im Gegenteil – die Rückzahlung meines Anteils bildet den Grundstock für die Sammlung an Porsche-Modellen die inzwischen vor der Tür steht. 🙂
Jetzt genieße ich die Zeit mit meinem Sohn, den ich zeitlich jetzt zwar teilen muss, aber in gemeinsamen Zeiten umso intensiver wahrnehme und die Erlebnisse nun noch mehr aufsauge und genieße als ich das vorher schon getan habe.
Er steckt die Trennung erstaunlich gut weg. Klar kommt es immer wieder mal hoch, es belastet ihn auch und jedes Kind wünscht sich, dass die Eltern wieder zusammenkommen, aber das Thema ist für mich durch. Und auch er macht den Eindruck, dass er anfängt sich mit der Situation anzufreunden. So gesehen war es genau der richtige Zeitpunkt. Er war schon groß genug um zu verstehen was passiert, aber noch zu klein um die wahren Beweggründe der Mutter zu durchblicken.
Außerdem habe ich inzwischen eine tolle neue Frau kennengelernt, mit der ich sehr glücklich bin. Auch die Zeiten zu Dritt funktionieren prächtig…
Vermutlich als Frustkauf oder als Ersatzbefriedigung habe ich mir nach dem Zweitelfer, kaum dass er in Deutschland war, auch schon den 912 gekauft. Das war eine echte Kurzschlussentscheidung – die ich aber bis heute nicht bereut habe. Der Wagen ist neben dem 997, der am besten erhaltene Porsche auf dem Hof. Okay, der Targa, ist ebenso super in Schuss ist wie der 912. Dann folgt mit einem kleinen Abstand die Ölklappe. Hier ist noch etwas Arbeit notwendig um den Wagen auf ein Level zu bringen, dass ich damit zufrieden bin. Aber das macht ja das Hobby aus. Zu schauen und recherchieren welche Teile verbessert werden können oder fehlen.
Sich dann auf die Suche nach genau diesen zumeist schwer aufzutreibenden oder horrend teuren Originalteilen zu machen ist eine schöne Aufgabe, die mir richtig Spaß macht. In das Thema einzutauchen und sich so schlau zu machen, dass man die Thematik voll und ganz durchdrungen hat, finde ich immer wieder spannend und jedesmal erneut herausfordernd.
Ich denke, dass ich auch meinen Sohn schon mit dem Porsche Virus infiziert habe. Und er wird ja schließlich die Autos einmal erben. Da ist es nicht schlecht, wenn eine gewisse Bindung zu den Wagen da ist. Ohne ihn allerdings drängen zu wollen…
Wenn die erste Handlung sein sollte, die frisch geerbten Schmuckstücke zu verkaufen, dann würde ich es ihm nicht übel nehmen. Jeder soll seinen Weg gehen können, wie er es möchte. Da übe ich keinen Druck auf ihn aus… Schließlich würde ich auch die Briefmarkensammlung meines Vaters nicht haben wollen, wenn er eine gehabt hätte 😉 .
Aber so weit sind wir ja glücklicherweise noch nicht…